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Orakel von Delphie

Orakel von Delphi

Distrikt 111 - Süd Mitte | 21. Mai 2024 | Lothar Lehner
Das Orakel von Delphi und die wirtschaftlichen Interessen europäischer Unternehmen „Afrika ist ein schlafender Gigant, der gerade dabei ist, aufzuwachen“
Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate | Foto: Günther Pfannmüller

 

Bad Überkingen – Seine kaiserliche Hoheit, Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate war auf Einladung des Präsidenten des LIONS CLUB Geislingen/Steige, Dr. Rudolf Wieser, zu Gast beim Lions-Clubabend im Bad Hotel in Bad Überkingen.

Dr. Asserate begann seine Ausführungen mit der Bemerkung: „Die Entfaltung ihrer geostrategischen Interessen in Afrika habe die Europäer über das Orakel von Delphi eingeleitet. König Pathos von Zyrene motivierte seine griechischen Landleute schon im Jahr 580 vor Christus, zum Siedlungsstrom über das Mittelmeer mit dem Spruch der Pythia.  „Wer zu spät kommt nach dem viel gepriesenen Libyen, wenn die Felder verteilt sind, der wird es bitter bereuen“. Aktuell ist der Primat europäischer Politik nicht mehr die Mehrung wirtschaftlicher Vorteile, sondern die Abwehr von Gefahren, insbesondere des Übergleitens der irregulären Migration und terroristischer Bedrohungspotenziale.

Auf der anderen Seite, so führte Dr. Asserate aus, ist Afrika die Urheimat von uns allen. Als Beispiel nannte er Erkenntnisse der Wissenschaft, welche die ostafrikanische Savanne als Ausgangspunkt der Menschheit nennt. Ur-Funde des Homosapiens wurden in Ostafrika und hier auch in seiner Heimat, Äthiopien entdeckt. Historisch bilden wir Menschen weltweit eine einzige große Menschheitsfamilie, so sein Hinweis.

Dr. Asserate führte in das Thema zunächst mit Zahlen, Daten und Fakten ein. „Afrika ist ein Kontinent der jungen Menschen.“ „Heute leben rund 1,5 Mrd. Afrikaner mit Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren auf dem afrikanischen Kontinent. Deren Potenziale sind unter anderem Aufbruch, Dynamik, Lebendigkeit, Kreativität und Energie. Diese kann zu einem explosivem Gemisch werden, wenn sie nicht in produktive Bahnen gelenkt wird.“ Dr. Asserate bittet deshalb, Afrikas Jugend eine Perspektive in deren Heimatländern zu geben, ihre Zukunft selbst gestalten zu können.

Europa ist demgegenüber ein alternder Kontinent. So liegt das Medianalter in Deutschland mittlerweile bei 46 Jahren. Die Liste der Länder mit dem jüngstem Medianalter führt das afrikanische Land Niger an, mit 15,2 Jahren, gefolgt von zahlreichen weiteren Ländern Afrikas mit einem Medianalter von jeweils unter 18 Jahren. Während heute jeder sechste Bewohner dieser Erde ein Afrikaner ist, wird dies bis zum Ende dieses Jahrhunderts jeder Dritte sein. Die Einwohnerzahl in Europa und den meisten industrialisierten Ländern stagniert oder ist sogar rückläufig. So ist der Anteil der Einwohner der europäischen Union an der Weltbevölkerung heute bei ca. 7,5 % und wird in den nächsten Jahrzehnten auf unter 5% sinken. Damit steht der alternden Bevölkerung Europas die größte Jugendbevölkerung der Weltgeschichte in Afrika gegenüber. Eine ähnliche Entwicklung wie in Europa ist auch in Japan, Süd-Korea und auch China feststellbar.

Dr. Asserate appelliert deshalb an die Besucher in erster Linie die Chancen für persönliche und unternehmerische Engagements auf dem afrikanischen Kontinent zu erkennen und zu nutzen. Afrika benötigt neben Investitionen, Bildungs- und Finanzsysteme, die es den jungen Menschen in Afrika ermöglicht, vor Ort Existenzen aufzubauen und zu Wohlstand zu kommen. Die afrikanischen Staaten benötigen, um diese Ziele zu erreichen, dringend funktionierende Bildungs- und Ausbildungs-Systeme. Als Vorbild dient das System der „Dualen Ausbildung“ in Deutschland. Gebraucht werden Ausbildungsberufe vor allem im Handwerk wie z. B. Schreiner, Klempner, Maurer, Schweißer, die den jungen Menschen später die Möglichkeit für eine prosperierende Entwicklung bieten.

Die jungen Menschen in Afrika sind dank Social Media Plattformen mit der globalisierten Welt in Verbindung treten, genau wissend, welche Angebote es gibt. Dr. Asserate weist die alternde Bevölkerung in den Industriestaaten deshalb darauf hin, die junge Bevölkerung Afrikas im Sinne einer demografischen Dividende zu erkennen. „Afrika ist ein schlafender Gigant, der gerade dabei ist, aufzuwachen“, so seine Worte. Europa und Afrika können in eine Win-Win-Situation eintreten. Das Problem des einen ist die Lösung des jeweils anderen und umgekehrt, wenn es gelingt, die jungen Menschen in Afrika in Lohn und Arbeit zu bringen. 

Fragend stellte Dr. Asserate zum Schluss seines Vortrags fest, dass gerade die Unternehmen in Deutschland bislang an Afrika kein, bis wenig Interesse an einem Engagement zeigten. So sind gerade einmal von 46.000 deutsche Unternehmen mit Exportengagements, nur rund 900 in Afrika aktiv, davon rund 2/3 in Süd-Afrika. Die Volksrepublik China hat Afrika längst als Investitionsstandort erkannt und seine Investitionen auf dem afrikanischen Kontinent um mehr als das 100-fache gesteigert, auf mehr als 250 Mrd. U$. Mehr als 16.000 chinesische Unternehmen sind heute in Afrika.

Der Präsident des LIONS CLUB Geislingen/Steige, Dr. Rudolf Wieser, gibt zur Freude von Dr. Asserate in diesem Zusammenhang ganz aktuell einen Beschluss der Mitgliederversammlung des Clubs bekannt. Der LIONS CLUB Geislingen/Steige wird in der Hauptstadt von Guinée, Kindia, ein privates Projekt zum Bau eines Zentrums, bestehend aus einer Schule und einem medizinischer Versorgungseinrichtung mit mindestens 5.000 Euro unterstützen. Das Projekt wird von dem im Landkreis Göppingen ansässigen Unternehmer Christopher Goelz mit seinem Verein AMIS DE GUINÉE e. V. geplant und umgesetzt. Der Verein hat bereits in den letzten Jahren zwei sehr erfolgreiche Privatschulprojekte in Guinée an den Start gebracht. Die Privatschule besuchen bereits heute über 800 Kinder.

 

Zur Person Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate:

Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate

Unternehmensberater für Afrika und den Mittleren

Osten, Autor und Politischer Analyst

*1948 in Addis Abeba

Mitglied des äthiopischen Kaiserhauses.

Studium der Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Geschichte in Tübingen und Cambridge. 1978 Promotion in Frankfurt am Main. Wegen den politischen Umwälzungen in seiner Heimat musste Dr. Asserate in Deutschland bleiben, wo er 1981 auch die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt. In den Jahren 1980 - 1983 war er Pressechef der Düsseldorfer Messegesellschaft. Seitdem arbeitet er als selbständiger Unternehmensberater. 1976 gründete er die erste Menschenrechtsorganisation für Äthiopien, den Council for Civil Liberties in Ethiopia e.V., 1994 Orbis Aethiopicus - die Gesellschaft zur Erhaltung und Förderung der äthiopischen Kultur e.V. Im November 2012 rief er Pactum Africanum - Verein für den Dialog zwischen den abrahamitischen Religionen e.V. ins Leben, um einen Beitrag zur Lösung der religiösen Herausforderungen in Afrika zu leisten.

Mitgliedschaften/Memberships

Mitglied des Innovationsbeirates des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Vorsitzender des Beirates des Deutsch-Äthiopischen Studenten- und Akademikervereins e.V.

Mitglied des Alumni-Rates der Goethe-Universität Frankfurt am Main

Mitglied des Kuratoriums "Jugend debattiert"

Vorsitzender des Kuratoriums der Deutschen Afrika-Stiftung

Vorsitzender der Deutsch-Äthiopischen Stiftung (German-Ethiopian Foundation)

Vorsitzender des Kuratoriums der

Gesellschaft zur Förderung von Museen in Äthiopien e.V.

Auszeichnungen/Honours

Adelbert-von-Chamisso-Preis für Manieren, 2004

Ehrensenator der Universität Tübingen, 2010

Walter-Scheel-Preis des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2011

Listros Award, 2011

Literaturpreis der Neuen Literarischen Gesellschaft zu Marburg, 2012

Jakob-Grimm-Preis Deutsche Sprache, 2015

Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland, 2016

Publikationen/Publications

Manieren, Eichborn, 2003

Als Herausgeber mit Aram Mattioli: Der erste faschistische Vernichtungskrieg. Die italienische Aggression gegen Äthiopien 1935-1941, Köln 2006

Als Herausgeben: Adolph Freiherr Knigge: Benjamin Noldmanns Geschichte der Aufklärung in Abessynien, Frankfurt am Main 2006

Ein Prinz aus dem Hause David und warum er in Deutschland blieb, Scherz, 2007.

Draußen nur Kännchen. Meine deutschen Fundstücke, Scherz, 2010

Afrika: Die 101 wichtigsten Fragen und Antworten, München 2010

Integration oder die Kunst, mit der Gabel zu essen, Utz, 2011

Deutsche Tugenden. Von Anmut bis Weltschmerz, C.H.Beck, 2013

Der letzte Kaiser von Afrika. Triumph und Tragödie des Haile Selassie, Berlin 2016

Den Glauben zur Vernunft, die Vernunft zum Glauben bringen, Nicolai Verlag, 2018

Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Eine persönliche Wortmeldung, dtv 2021


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